Um 6:00 Uhr ging mein Uhralarm. Im Schlafraum, der mit 6 Personen belegt war, rührte sich noch nichts. Ich wartete also noch ein wenig, um keinen zu stören. Doch bald schon schaute Chris, der in einem anderen Raum untergebracht war zur Tür herein, um mich zu wecken.
Also packte ich leise meine Sachen und verließ schnell den Raum. Es gab ein kleines Frühstück mit Tee, Kaffee, Saft, Brot und Marmelade. Ein guter Start für den Tag. Am Frühstückstisch gab´s die ersten Unterhaltungen mit anderen Pilgern.
Dann brachen wir auf. Vor dem Refugio füllten wir unsere Trinkflaschen am Pilgerbrunnen auf. Endlich war es soweit. Auf nach Santiago! Der Weg hatte uns wieder. Im ersten Morgenlicht um ca. 7.00 Uhr mussten Chris und ich zuerst den Ort durchqueren. Danach ging es stetig bergauf. Der Frühnebel lag über den Bergen. Frühnebel in den Pyrenäen
Ich bemerkte bei mir eine völlig andere Stimmungslage. Am Tag zuvor wäre ich am liebsten wieder umgekehrt, heute freute ich mich auf alles was vor mir lag. Ein wunderschöner Aufstieg mit tollen Ausblicken auf die Pyrenäengipfel begann. Bei unserer ersten Rast lernten wir Tim, einen jungen Amerikaner aus Chicago kennen. Er erzählte uns, dass er aus Barcelona käme, wo er Freunde besucht hatte. Nach dem "Weg" wollte er noch nach Hamburg, wo er weitere Freunde besuchen wollte.
Stunde um Stunde wanderten wir bergauf. Teilweise auf Asphalt, dann auf kleinen Wirtschaftswegen, teilweise über Stock und Stein. Irgendwann sahen wir eine Madonnenstatue am Wege und kurz darauf umkreisten uns mehrere Gänsegeier. Riesige Tiere mit einer Spannweite von über 2 Metern. Ein unglaublicher Anblick, da die Tiere auch nicht besonders scheu waren. Sie flogen dicht über uns hinweg. Eine Schafherde mit Schäfer zog über einen Hang hinweg, Pferde mit Glocken am Hals grasten frei auf einer Kuppe. Es war berauschend. Ich versuchte die Stimmung mit dem Fotoapparat einzufangen. Kurz vor der Passhöhe gerieten wir dann in die Wolkendecke. Es wurde feucht und es regnete schließlich stark.
Das Mittagessen brachen wir wegen des aufkommenden Regens ab. Die Beine wurden nun langsam schwer. Auch als es dann nach dem Pass wieder bergab ging, wurde es nicht leichter- Sehr steil war der Weg hinab nach Roncesvalles. Jetzt noch einige merkwürdige Beobachtungen. Einige Pilger wurden mit Autos bis ca. 2/3 des Anstiegs hochgefahren und begannen hier ihre Etappe. Später überholte uns eine Gruppe ohne Rucksäcke, die dann im Regen von 2 Autos eingesammelt wurde. In Roncesvalles angekommen stellten wir schließlich fest, dass genug Platz im Refugio vorhanden war, also brauchten wir auch keine unnötige Angst zu haben keinen Schlafplatz zu bekommen.
In Roncesvalles angekommen waren wir ziemlich fertig. Erschöpft vom Regen und schweißdurchnässt erreichten wir das Kloster. Die Herberge befindet sich in einem alten Gemäuer gegenüber dem Kloster. Wir hatten Glück, die Hospitaleros, nette Holländer, machten für uns eine Ausnahme und ließen uns hinein, um erst einmal warm zu duschen und in trockene Sachen zu schlüpfen.
Herberge in Roncesvalles
Den Papierkram durften wir später nachholen. (Wir hatten ein paar statistische Bögen auszufüllen, da Roncesvalles der erste Pilgerort nach der Grenze ist). Die Übernachtung kostete 5 € pro Person. Roncesvalles besteht aus 2 Restaurants, dem Refugio, der Kirche und dem Kloster. In einem Restaurant haben wir dann 2 Plätze für das Abendessen ( je 8 € ) reserviert.
Pünktlich um 19.00 Uhr wurde das Restaurant geöffnet. Wir saßen an einem Tisch für 9 Personen. An unserem Tisch saßen: ein Amerikaner, ein Japaner, ein Franzose, zwei Mädchen aus Deutschland, eine junge Frau aus Amerika, eine ältere Frau aus Amerika, Chris und ich. Es war eine nette Runde. Der Franzose bekam von den deutschen Mädchen alles auf französisch übersetzt. Die junge Amerikanerin sprach auch sehr gut deutsch.Hauptsächlich wurde deutsch und englisch gesprochen. Der junge Amerikaner zeichnete auf einer Serviette die Umrisse von den USA auf und zeigte darauf sein Herkunftsland und das der beiden Amerikanerinnen. Der Japaner zeichnete sein Land auf und die deutschen Mädchen versuchten sich an einer Karte von Deutschland.
Es wurde "Querbeet" gesprochen und war sehr lustig. Der Japaner zeigte uns noch einen Rechentrick, auf den alle reinfielen. Zu Essen gab es, wie ich schon aus dem Internet recherchiert hatte: Nudeln, gebratene Forelle und zum Nachtisch Joghurt. Dazu Brot, Wasser und Wein. Das Ganze, wie schon gesagt für 8 €. Ein gutes Essen und eine angenehme Runde. Die beiden Deutschen kamen aus dem Schwarzwald, (Blackwood – forrest) und aus Leipzig. Der junge Amerikaner aus Kentucky und die Amerikanerinnen aus Oregon.
Nach dem Essen gingen wir dann in die Messe und bekamen dort den Pilgersegen für unsere Wanderung nach Santiago. Tim, den wir bei unserer ersten Rast am Vormittag kennen gelernt hatten saß eine Reihe vor uns in der Kapelle. Nun sind wir müde und beenden den ersten Tag mit etwas Lesen. Unsere erste Etappe ging über 26 km. Das Wetter war anfangs trocken, später gab's starken Regen und es war kühl.
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