06.09.2006 Calzadilla de la Cueza-Bercianos des los Real Camino (Mittwoch)
Ines ging es am Morgen sehr schlecht. Sie bekam von uns Kopfschmerztabletten und wollte noch weiter schlafen. Später hörten wir, dass sie noch ins Krankenhaus kam und beinahe die Wanderung aufgeben musste. Ohne Frühstück ging es wieder auf den "Camino" unseren Weg, da wir Tags zuvor keine Einkaufsmöglichkeit hatten. So machten wir im nächsten Ort in einer Bar Rast und tranken dort Café con Leche. Es gab auch einen kleinen Snack. Gegen Mittag kamen wir in Sohogun an. Dort kauften wir ein und aßen zu Mittag. Die junge Österreicherin vom Vorabend war schon einen Ort vorher eingekehrt (die Füße schmerzten Sie sehr). Sie werden wir sicher nicht mehr wieder sehen. Von Sohogun bis nach Bercianos des los Real Camino waren es dann noch 10 endlose Kilometer. Die Füße schmerzten heute sehr, auch die Hacken waren extrem gereizt. Zudem hatten wir wieder eine wahnsinnige Hitze auf unserem Weg. Chris und ich waren heute in schlechter Verfassung. Dann erreichten wir den Ort. Die Herberge sollte laut Schild 450 m links ab vom Jakobsweg sein (so ein M... -Originalkommentar Jo-). Der Ort bestand zum großen Teil aus Lehmhäusern. Ziegelhäuser bildeten hier die Ausnahme. Die kargen Straßen wirkten wie ausgestorben. Alles kam uns irgendwie negativ vor. So lief ich schimpfend hinter Chris her, der ebenfalls genervt war. Unsere Herberge war dann die Krönung. Von außen noch einigermaßen ansehnlich, jedoch von innen dunkel, schmutzig, und fremd. Die Wände waren aus Lehm. Unsere Betten standen unter einem Holzbalkendach. Der Putz (Lehm) rieselte mir in der Nacht ins Gesicht. Im Internet hatten ich gerade über diese Herberge viele positive Kritiken gelesen. Da gehen die Ansichten nun aber weit auseinander! In der Herberge sollte es ein gemeinsames Abendessen geben. Alle sollten bei der Zubereitung des Essens helfen. Da wir jedoch keine Lust auf die Leute in dieser Herberge hatten, beschlossen wir zur etwas entfernten Bar zu laufen um dort zu essen. Die Menschen in dieser Herberge waren irgendwie anders als alle Wanderer, die wir vorher trafen. Sie waren abweisend, teilweise unfreundlich. Lag es an uns? Als eine ältere deutsche Frau mit Gehproblemen um Hilfe bat, wurde sie von dem Hospitalero und einigen Gästen die dolmetschen sollten, auf den Arm genommen und veralbert. Ich war sauer, was für ein merkwürdiger Tag? Hatten Chris und ich einen Tiefpunkt, oder gab es heute irgendwelche negative Energien? Das gute Pilgermenü in der Bar war heute das einzig positive. Chris schlief die Nacht fast gar nicht, ich schlief sehr schlecht.
07.09.2006 Bercianos des los Real Camino - Manzilla des las Mulas (Donnerstag)
Der Wecker klingelte wie immer um 6.00 Uhr. So schnell wie heute waren wir noch nie reisefertig gewesen. Wir waren froh von dem ungastlichen Ort wegzukommen. So wanderten wir im Dunkeln los. Im ersten Dorf nach 7 km wollten wir in einer Bar frühstücken. Es war jedoch ein Dorf ohne Bar. Also tranken wir Wasser und teilten uns ein Müsliriegel. Wir hatten am Dorfausgang Rast gemacht. Ein Kanadier und ein Holländer kamen hinzu und fragten, ob sie in unserem "Restaurant" speisen dürften. Auch sie hatten vergeblich nach einer Bar im Dort gesucht. Die Hitze kam heute noch früher. Der Wanderweg immer noch eintönig. Links und rechts karge Felder, alles flach. Im nächsten Ort, der jedoch noch 12,5 km entfernt lag, gab´s dann eine Bar. Wir kamen dort gegen 11:00 Uhr an und bestellten uns Bocadillos und Cola. Nach der Pause liefen wir dann die restlichen 6 km nach Manzilla des las Mulas. Ein schöner Ort mit einer erheblich besseren Herberge als Tags zuvor. Der Hospitalero, ein Deutscher (Lobo - der Wolf), erzählte uns, dass es mit den Touristen noch nie so schlimm war wie in diesem Jahr. Nur ca. 15 % der Leute in der Herberge seien Pilger. Er vermutet, dass sei noch sehr hochgegriffen. Unsere Beobachtungen waren also richtig gewesen. Viele Leute auf dem Weg sind mit Autos und Bussen unterwegs und benutzen die Herbergen als günstige Unterkunft. Hat das noch etwas mit Pilgern zu tun? "No Glory, no Pain" lautete doch auch unser Spruch auf dem Weg! Gehört nicht auch ein wenig Leiden dazu? Genug der Kritik, man darf auch nicht überheblich werden. Nach einer Dusche wusch ich einige Sachen und hatte Glück noch einen Platz auf der Wäscheleine zu finden. Wo waren die Leute alle hergekommen, die vor uns ankamen? Sind die Massen alle um 3 Uhr aufgestanden? Wir haben diese Leute auf dem Weg nicht wandern gesehen! Ich wollte doch keine Kritik mehr, aber man überlegt sich doch, welch unterschiedliche Motivation die Menschen auf dem Camino haben könnten. Die Gedanken hier kreisen immer um das Thema Glauben, Kirche, Sinn dieser Wanderung und Sinn des Lebens. Bei einigen (besonders in großen Orten) scheinen die Gedanken aber auch nur um den nächsten sicheren Schlafplatz zu kreisen! Wir erkundeten den Ort und tranken etwas in einem kleinen Restaurant. Später als wir im Hof der Herberge in unseren Büchern lasen, kam ein Gewitter auf. Nur die Windböen erreichten uns. Es wurde sogleich kühler. Am Abend mussten wir die warmen Jacken überziehen. Nach dem Essen fragte uns der deutsche Hospitalero wo wir gegessen hätten. Wir hatten es seiner Aussage nach richtig gemacht und im guten Restaurant gegessen?! Er gab uns noch einen Tipp für ein gutes Restaurant in Santiago de C. Außerdem sollten wir die befreundeten Hospitaleros in Astorga, Rabanal und Villa Franco del Bierzo grüßen.. Von "Lobo dem Wolf ", dem Hospitalero aus Manzilla des las Mulas. Ich vergaß zu erwähnen, dass Chris heute fast von einem herabstürzenden Dachziegel getroffen wurde, welcher sich beim Sturm vom benachbarten Restaurantdach gelöst hatte. Aber er hatte großes Glück: hätte er einen halben Meter anders gesessen, hätte es schlimm ausgehen können. Wir schliefen diese Nacht endlich wieder gut.
08.09.2006 Manzilla des las Mulas - Leon (Freitag)
Heute waren wir gut ausgeschlafen, sehr schnell mit der Morgentoilette und dem Packen fertig. Schon um 6:40 Uhr standen wir vor der Tür. Da die Restaurants bzw. Bars hier erst um 7:15 Uhr ein Frühstück anboten, gingen wir erst einmal so los. Der erste Ort lag 6, der 2. Ort nochmals 1,5 km entfernt. Dort gab´s dann Café con Leche und Toast (2,40 €), wir ließen uns Zeit, da es heute für uns ein ruhiger Tag mit wenigen Wanderkilometern werden sollte! Einige Pilger rannten heute mal wieder um die Wette. Viele waren schon um 5:00 Uhr losgegangen, aus Angst in Leon keinen Platz in der Herberge zu bekommen? Wir rätselten, warum wohl alle so sehr in Eile waren. Meine Füße konnte ich wieder gut benutzen. Die Schmerzen durch die (kleinen) Blasen lassen langsam nach. Herrlich! Schon um 1/2 11 Uhr waren wir in Leon. Es war noch sehr früh und so setzten wir uns ein wenig in ein Café und genossen das schöne Wetter. Um kurz nach 11.00 Uhr öffnete die Herberge und wir checkten mit den ersten Pilgern zusammen ein. Auch Tomasz trafen wir dort wieder. Er war auch Tags zuvor mit uns zusammen in Manzilla de las Mulas gewesen, ohne dass wir ihn dort gesehen hatten. Heute sollte sein letzter Wandertag sein. Tomasz wollte sich in Leon nach einem Busticket nach Barcelona erkundigen, um von dort aus nach Polen zu fliegen. Bei seiner Familie würde er dann noch einige Tage Urlaub machen. Beim Besichtigen der Stadt, Kathedrale, Gaudi-Schloß usw. trafen wir Tomasz immer wieder. Mein Fotoapparat wurde heute durch die vielfältigen Motive warm. Es wurde ein richtiger "Sigtseeing" Tag. Abends fanden wir ein nettes Restaurant und abschließend setzten wir uns am Plaza Major noch in eine schöne Guinness-Kneipe. Ein kühles Guinness, dazu Oliven und ein wunderschöner Blick auf den nun sehr belebten Plaza Major, das hatte Stil. Doch leider mussten wir vor 21.30 Uhr in der Herberge zurück sein, da dann die Tür wie in den meisten Herbergen abgeschlossen wird. Die Nacht habe ich nur wenig geschlafen, nicht wegen der Schnarcher, sondern direkt vor unserem Fenster verlief eine kleine Straße, auf der es die ganze Nacht über laut war. Jugendliche schienen dort zu feiern. Am Morgen verabschiedeten wir uns von Tomasz, der nun doch nicht mit dem Bus, sondern per Anhalter nach Barcelona fahren wollte.
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09.09.2006 Leon - Hospital de Orbigo (Samstag)
Wir starteten kurz vor 7:00 Uhr und liefen durch die dunklen Straßen von Leon. Der Weg war nicht einfach zu finden. In der Vorstadt wurde es besser und zum Sonnenaufgang hatten wir eine Bar gefunden, in der wir frühstücken konnten. Wir beobachteten den Sonnenaufgang bevor es weiter durch die Industriegebiete von Leon Richtung Autobahnkreuz ging. Nach ca. 12 km hatten wir wieder eine ruhigere Gegend erreicht. Vor uns tauchte plötzlich eine große Gruppe Pilger auf. Zuvor hatten wir nur wenige gesehen. Diese Gruppe hat sich auch wieder bis dorthin mit dem Bus transportieren lassen. Wir überholten alle nacheinander und fragten uns, warum die Leute wohl den Weg laufen, wenn sie alles was schwierig oder (angeblich) nicht so Schöne ausschließen wollen ? Da war sie wieder, die Frage nach der Motivation! Der größte Teil der heutigen Etappe verläuft an bzw. parallel zu einer Straße. Erst kurz vor Hospital de Orbigo bog der Weg von der Hauptstraße auf kleinere Wege ab. Wir steuerten die private Herberge "St.Miguel" an. Eine sehr schöne Herberge! Der junge Hospitalero versuchte seine Gäste zu ermutigen ein Bild zu malen. Überall hingen schon die verschiedensten Bilder. Er fragte ob wir zum Fluss mitkämen, an eine schöne Stelle um dort zu malen. Er fuhr mit dem Fahrrad voran, nachdem er Christian den Weg aufgezeichnet hatte. Auf dem Weg dorthin wurden wir von einem Gewitter mit heftigen Schauern überrascht. Jedoch konnten wir noch rechtzeitig in einer Bar am Campingplatz Schutz suchen. Nach dem Gewitter gingen wir weiter, doch der Hospitalero kam uns vom Regen völlig durchnässt entgegen. So gab es dann keinen Maltermin für uns! Am Abend aßen wir mit einem älteren Ehepaar aus München zusammen. Sie waren im Ruhestand und erzählten von ihren Motiven für diese Reise. Er war seiner Frau nachgereist. Sie war von Burgos aus mit dem Rad nach Leon gefahren. Ab Leon wollten sie dann zusammen zu Fuß nach Santiago gehen. Das Fahrrad hat sie bei Leon einem Kloster geschenkt. Nach dem Essen waren wir zu einer Flasche Wein und ggf. einem Schachspiel mit einem jungen Mädchen aus Deutschland verabredet. Sie hatte Agrarwissenschaft studiert und hatte am Nachmittag ein Ölbild gemalt. Sie hieß Helene ( stand unten auf dem Bild ) So saßen wir am Abend in der Küche und tranken zusammen Wein. Der Hospitalero sowie eine junge Wienerin und ein junger Franzose teilten unsere Gesellschaft. Die Wienerin und der Franzose hatten sich auf dem Weg kennengelernt und wanderten schon eine Weile zusammen. Sie war eigentlich mit einer Freundin zusammen gestartet, hatte sich aber schon nach 1/2 Stunde von ihr getrennt! (Die Liebe hatte zugeschlagen!) Es wurde ein schöner Abend. Die Wienerin ( Gloria ) und der Franzose ( Christoph ), sowie der verrückte kanadische Hospitalero hatten zusammen gekocht und genossen ihr Essen. Wir saßen alle am Küchentisch und sprachen über Musik und andere Sachen. Die Hauptverständigung wieder auf Englisch! Christoph stellte uns ein Rätsel auf englisch vor: "Auf einem Bild sind viele Personen abgebildet. Männer und Frauen, jedoch alle nackt. Dabei sind auch Adam und Eva zu sehen. Jeder der das Bild betrachtet zeigt sofort auf die beiden und sagt: das ist Eva, das ist Adam! Warum?" Ich kam der Lösung gleich sehr nahe, doch Christian hatte durch meine Äußerungen dann sofort die richtige Eingebung.... na habt Ihr die Lösung auch schon??? Der Abend ging sehr lange für uns. Erst gegen 11:00 Uhr Bettgehzeit.
10.09.2006 Hospital de Orbigo - Astorga (Sonntag)
Zwar klingelte mein Wecker um 6:00 Uhr, jedoch standen wir erst um kurz vor 8:00 Uhr auf. Heute sollte die Etappe nur über 16 km nach Astorga gehen. Nach einem guten Frühstück brachen wir schließlich um gegen 9:00 Uhr auf. Schon um 12:00 Uhr hatten wir die neue "Alberge" in Astorga erreicht. Das Wetter war wieder sonnig, jedoch etwas kühler. Es wurde für uns wieder ein schöner Ruhetag. In der neuen Herberge kamen wir in einem 4-Bettzimmer mit einem spanischen Paar zusammen unter. Viele Hospitaleros betreuen diese moderne Pilgerherberge. Nach der obligatorischen Dusche hatten wir reichlich Zeit für einen Stadtbummel. Astorga hatte sich seit 2004 ganz schön verändert. Viel mehr Bars und Shops als damals. In der kurzen Zeit war viel geschehen. Wir suchten einen offenen Supermarkt, stellten jedoch wir fest, dass heute ja Sonntag ist und die Supermärkte hier geschlossen sind. ( Nun wussten wir also schon nicht mal mehr welchen Wochentag wir haben! ) Da in Astorga sehr gute Schokolade hergestellt und auch am Sonntag verkauft wird, kauften wir uns halt Schokolade. Ich fotografierte das Gaudischloss, die wunderschöne Kathedrale und andere Sehenswürdigkeiten. In einer Bar aßen wir gegen den kleinen Hunger ein Bocadillo. Für' s Abendessen hatten wir uns das Restaurant von vor 2 Jahren ausgeguckt. Es sollte ab 20:00 Uhr offen sein. Bis dahin schauten wir uns in der Bar ein spanisches Erstliga-Fußballspiel an. Im dem Restaurant saßen wir genau an dem gleichen Tisch wie schon 2004. Auch die leckere Knoblauchsuppe gab es noch. Chris meinte, dass auch die junge Kellnerin die gleiche sei (sie hatte ihm 2004 eine Wasserflasche über die Hose gekippt!). Nach einem wiederum guten Essen für 10 € (auch wie 2004!) gingen wir zurück in die Herberge. Diese schließt ausnahmsweise erst um 23.00 Uhr.
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